Ein Warnruf von Kurt Biedenkopf
(von Klaus Bölling)Dieser Mann hat sich niemals einer sturen Parteidisziplin gebeugt. Auch vor Helmut Kohl ist er nicht eingeknickt. Vor dem schon gar nicht. Elf Tage vor der Wahl des BundesprĂ€sidenten redet Biedenkopf den Mitgliedern mit seiner AutoritĂ€t ins Gewissen. Der Mann der einst die CDU erfolgreich erneuern konnte, hat soeben fĂŒr die âFreigabeâ der Wahlentscheidung am 30. Juni plĂ€diert. Nicht einfach geworben. Biedenkopf sagt höchst energisch, dass die Wahl eines neuen Staatsoberhaupts nichts mit Bewahrung der Regierungsmacht zu tun hat. Besser nichts zu tun haben darf.
Der Professor weiĂ, was viele seiner Unionsfreunde verdrĂ€ngen: Die groĂe und noch wachsende Zustimmung der BĂŒrger und BĂŒrgerinnen fĂŒr Joachim Gauck ist nicht nur mit den QualitĂ€ten des Pastors aus Rostock zu erklĂ€ren. Die Sympathien fĂŒr ihn sind âzugleich Ausdruck eines zunehmenden Misstrauens gegenĂŒber dem umfassenden Anspruch der Parteien.â Nun ist âKönig Kurtâ, der so erfolgreiche Sachsenmonarch, bestimmt nicht zu verdĂ€chtigen, dass er die Deutschen populistisch gegen die Parteien aufbringen will, wozu Horst Köhler gelegentlich geneigt war. Biedenkopf denkt nur Ă€hnlich wie Richard von WeiszĂ€cker, der Helmut Kohl ins Visier nahm und vor âMachtversessenheitâ der Parteien warnte.
Biedenkopf urteilt völlig richtig, dass die Mitglieder der Bundesversammlung, die sich bei Abstimmung rein machtpolitischen Motiven der Bundeskanzlerin und ihrer schwarz-gelben Regierung beugen, die AutoritĂ€t und die GlaubwĂŒrdigkeit des kĂŒnftigen PrĂ€sidenten beschĂ€digen. Das neue Staatsoberhaupt wĂ€re in den Augen des Volkes, vom ersten Tage an, als der Mann zweier Parteien abgestempelt.
Quelle: NNN vom 19. Juni 2010